Brückenbesuch – Sicherheit thematisiert

Ein Brückenbesuch auf der „Norwegian Jewel“ mit Walter Herrmann

Die Brücke ist das zentrale Nervensystem eines Ozeanriesen

Vor uns steht ein Ozeanriese mit gegen 4000 Menschen an Bord. Die Verantwortung liegt letztinstanzlich auf den Schultern des Kapitäns. Dieser kann auf eine Mannschaft von Spezialisten zurüchgreifen, wie z.B. auf die Matrosen. Ein Matrose gehört in der Hierarchie zu den unteren Mannschaftsgraden.

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Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Durchführung der Einschiffung mittels Rettungs-booten, wenn das Schiff vor Reede liegt. Von der Brücke aus wird diese Arbeit beobachtet und begleitet.

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Verschiedene Aktionen können per Knopfdruck von der Brücke ausgeführt werden, andere werden per Funk delegiert. Der Kapitän selbst wird nicht sehr häufig auf der Brücke anzutreffen sein; dafür seine Wache, meist ein Offizier, der ihn vertritt.

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Sind dann alle Passagiere an Bord kommt ein weiterer Funktionsträger dazu, der Lotse, zweiter von links mit Schwimmweste. Dieser weist den Kapitän auf Besonderheiten des Gewässers im und vor dem Hafen ein und gibt verbindliche Strecken an, die das Schiff fahren muss, um sicher aus dem Hafen zu gelangen.

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Da der Lotse die Eigenheiten des Schiffes und das Steuerverhalten nicht kennt, ist der Kapitän dafür verantwortlich, seine Kommados richtig um zu setzen und an den Steuermann weiterzugeben.

Bei den Passagieren immer beliebt zu sehen: das spektakuläre Anlegen des Pilot-, respektive Lotsenbootes,

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der Sprung, das heisst die Ausschiffung des Lotsen

 

 

 

 

und sein Dank für den warmen Applaus und die Verabschiedung der Zuschauer.

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Ist der Lotse von Bord, hat nun die Mannschaft die alleinige Verantwortung für die Navigation. Auf der Brücke tritt Ruhe ein, jedermann weiss, was er zu tun hat und bleibt auf seinem Posten.

Ist der Kapitän nicht auf der Brücke eingeteilt, inspiziert er die verschiedenen Positionen, arbeitet in seinem Büro oder zieht sich in seine Kabine zurück, die im Gegensatz zu allen anderen unmittelbar bei der Brücke liegt und nur mit einem Vorhang geschlossen ist. So kann er sich in kürzester Zeit an seinem Platz einfinden, sollte es einmal notwendig sein.

Es war eine absolute Ausnahme und mit der Reederei abgesprochen, dass ich  während eines Seetages entlang der mexikanischen Pazifikküste in einer kleinen Gruppe die Brücke der „Norwegien Jewel“ besuchen durfte.

Erst wurden wir von der persönlichen Sekretärin des  NCL-Kapitäns auf die Verhaltensregeln aufmerksam gemacht und dann auf die Brücke begleitet, wo uns der Kapitän empfing und stolz seine Brücke zeigte.

Nach einer viertel Stunde verab-schiedete er sich mit dem Hinweis, dass die Büroarbeit rufe. So trat er uns an den ersten Offizier Dragan ab, einen Kroaten mit einem sehr gut verständlichen, slangfreien Englisch, das er ja auch wie wir in der Schule lernen musste und ihm nicht wie den Amerikanern in die Wiege gelegt wurde.

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Bevor er aber für uns Zeit hatte, übernahm er die Brücke mit Hilfe einer Checkliste, um keinen Vorgang zu übersehen. Checklisten werden, auch wenn die Routine noch so gross ist, zwingend verwendet.

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Nach der Abarbeitung dieser „Changing over the Watch“ hatte der freundliche erste Offizier Zeit, uns die Brücke im Einzelnen zu zeigen. Sie befindet sich bei der Norwegian Jewel auf Deck 11 und weist riesige Dimensionen auf:  die ganze Breite des Schiffs und seitlich noch überstehend.

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Trotz ihrer Grösse ist die Brücke im Normalfall lediglich von wenigen Personen besetzt. Es ist beinahe andächtig still in diesem Raum.

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An seinem Arbeitsplatz sitzt der Steuermann. Obwohl das Schiff zur Zeit mit dem Autopiloten gesteuert wird, ist er verantwortlich, die See optisch und mit dem Radar nach Hindernissen, bekannten und unbekannten, abzusuchen.

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Unterstützt wird der Steuermann durch seinen Assistenten, der den Horizont zusätzlich mit optischen Hilfen absucht. Dazu gehören nicht nur ein Feldstecher, sondern noch weitere Peilinstrumente, auf die wir in diesem Bericht im Einzelnen nicht weiter eingehen.

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Eines der verschiedenen nautischen Instrumente ist der Kompass.

 

 

 

 

 

Der Steuermann kann die meisten für die Schiffsführung relevanten Systeme von seinem Arbeitsplatz aus steuern. So auch das Radar, das nach meinen Beobachtungen meist auf einen Range von 12 Nautischen Meilen eingestellt war,

 

oder im Hafen von Cartagena, Kolumbien, auf 0.5 NM. Die Norwegian Jewel ist hier eben im Begriff, vom Pier abzulegen und auf Kurs einzudrehen, der rot gestrichelt dargestellt ist.

 

 

Wetterprognosen werden von den Offizieren über bekannte weltweite Internetdienste gesammelt und mit eigenen Daten der verschiedenen Messgeräte auf dem Schiff  ausgewertet und interpretiert. Auf diesem „Signalturm“ sind auch die Hochleistunsradare montiert.

 

Nun wollten wir von Dragan noch wissen, wo denn vor lauter moderner Technik die traditionelle Seefahrt geblieben sei.

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Nicht nur bei der traditionellen Schiffsglocke.

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Traditionell wird auch der Kurs, den das Schiff zurückgelegt hat periodisch in die Seekarten einge-tragen, trots GPS, das natürlich auch mit an Bord ist und mit dem Radarbild bei Bedarf überlagert werden kann.

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Moderne Kreuzfahrtschiffe sind trotz ihrer Grösse durch ihre voll drehbaren Antriebspropeller und den Querstromrudern, die hinten und vorne angebracht sind, besser manövrierbar als früher.

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Flügelähnliche Stabilisatoren können bei Bedarf ausgefahren werden und so unangenehme Rollbewegungen, welche viele Passagiere zum Teil nicht vertragen, ausgleichen. All diese Funktionen können auf diesem Display abgelesen werden.

 

 

Der Kapitän kann all diese Steuerungskomponenten mit verschiedenen Joysticks bedienen.

 

 

 

Wie eingangs erwähnt hat der Kapitän die Befehlsgewalt. Wir fragten Dragan, ob es Meuterei wäre, wenn er sich einem aus seiner Sicht falschen Befehl des Kapitäns wider-setzen würde. Einen solchen Fall gebe es bei NCL nicht, da jederzeit eine Team-Sitzung einberufen würde, um eine entsprechende Sachlage zu besprechen.

Gerade Geschehnisse wie das vor der Insel Giglio führen zu einer dauernden Überprüfung der Sicherheitsstandards. Die Check-listen sehen für „Normal Bridge Procedures“ und auch „Emergency Bridge Procedures“ Abläufe für alle nur erdenklichen Fälle vor. Sämtliche Manöver sowie der Funk-, Telefon- und Mailverkehr und die Gespräche auf der Brücke werden in einer Blackbox festgehalten. Für die Offiziere herrscht wärend der ganzen Zeit Ihrer Heuer Alkohol 0-Toleranz. Schon kleine Verstösse werden von der Reederei mit Entlassung bestraft.

Mit dieser beruhigenden Erkenntnis des hohen Sicherheitsstandards bei „Norwegian Cruise Lines“ und mit vielen neuen Eindrücken verliessen wir nach über einer Stunde die Brücke der „Norwegian Jewel“. Unser Dank gilt dem Kapitän und seiner Besatzung.

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